Rattengift bei toten Rotmilanen nachgewiesen
Medien-Information
17. November 2025
Rattengift bei toten Rotmilanen nachgewiesen – Umsichtiger Einsatz und Entwicklung von alternativen Methoden der Rattenbekämpfung wichtig
Flintbek/Pettluis/Kalübbe/Lübeck. Das Landesamt für Umwelt (LfU) und das Rotmilan-Projekt SH der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft (OAGSH) mahnen einen verantwortungsvollen und bestimmungsgemäßen Umgang mit Rattengift an. In zwei Revieren ist Rattengift bei tot aufgefundenen Rotmilanen nachgewiesen worden. In einem weiteren wird eine Vergiftung vermutet. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um sogenannte Sekundärvergiftungen, bei denen Rotmilane im Rahmen einer legalen Rattenbekämpfung vergiftete Tiere gefressen haben.
Einer der vergifteten Jungvögel aus dem Horst im Lübecker Stadtwald. Foto: L. Rodewald
Dem umsichtigen Einsatz von Rattengift sowie der Entwicklung und Anwendung von alternativen Fraßködern bzw. Bekämpfungsmethoden kommt eine besondere Bedeutung zu, betonen LfU und OAGSH.
Konkret: Auch 2025 ist im Rahmen des Rotmilan-Projektes das Brutgeschehen in schleswig-holsteinischen Rotmilan-Revieren verfolgt worden. Die ehrenamtlichen Rotmilanpatinnen und -paten meldeten dabei in mehreren Fällen das Auffinden von toten Schützlingen an das Projektteam. In drei Revieren legten die Fundumstände eine Vergiftung als Todesursache nahe. Bei Kalübbe und im Lübecker Stadtwald wurden je zwei tote junge Rotmilane gefunden, von denen jeweils einer toxikologisch untersucht werden konnte, mit dem Ergebnis, dass Rattengift nachgewiesen wurde. Ein tot aufgefundener Brutvogel im Revier Pettluis lag schon zu lange, um die aufgrund der Fundumstände vermutete Vergiftung sicher festzustellen.
Der Rotmilan nimmt eine besondere Stellung unter den heimischen Greifvögeln ein, da rund die Hälfte des Weltbestandes in Deutschland siedelt. Damit trägt Deutschland international eine besondere Verantwortung für den Fortbestand dieser Vogelart. Aufgrund des vergleichsweise kleinen weltweiten Verbreitungsgebietes stellen vor allem vermeidbare Verluste ein besonders schwerwiegendes Problem dar.
Auch wenn Vergiftungen mit Rattengiften nur einen Teil der Todesursachen bei Greifvögeln darstellen, sollte alles unternommen werden, sie zu vermeiden. Die besonders giftigen Rodentizide der sogenannten zweiten Generation enthalten Wirkstoffe, die eine Hemmung der Blutgerinnung bewirken. Diese Gifte dürfen nur durch Personen mit einem Sachkundenachweis und unter Berücksichtigung der spezifischen fachlichen Anwendungshinweise gekauft und eingesetzt werden. Studien zeigen, dass es trotz dieser Auflagen dazu kommen kann, dass vergiftete Nagetiere von Beutegreifern und Haustieren aufgenommen werden, was zu einer Sekundärvergiftung führt – wie mutmaßlich auch bei den in Schleswig-Holstein gefundenen Rotmilanen.
Hohe Rattenbestände sind in den vergangenen Jahren auch für den Naturschutz zu einem Problem geworden, da Ratten die Eier und Jungen von Bodenbrütern erbeuten und auch bisher rattenfreie Orte besiedelt wurden. In diesen besonders sensiblen Lebensräumen werden zur Zeit verschiedene Methoden getestet, wie eine Rattenbekämpfung auch ohne Fraßköder und ohne die umweltschädlichen Nebeneffekte erfolgen kann. Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes zeigt zudem alternative Wirkstoffe auf, die teilweise bereits im Handel zur Verfügung stehen.
Die Vergiftungen von Rotmilanen sind seit Beginn des Patenschaftsprojekts im Untersuchungsgebiet zurückgegangen. Dennoch ist jeder Rotmilan, der durch vermeidbare Ursachen stirbt, einer zu viel und sollte Ansporn sein, solche Gefährdungsursachen zu reduzieren.
Hintergrund – Zum Rotmilanprojekt
Nach dem Fund von zahlreichen vergifteten Rotmilanen hatte das Landesamt für Umwelt im Jahr 2020 ein Patenschaftsprojekt gestartet, u.a. mit dem Ziel, Anwohnerinnen und Anwohner für den Schutz der Greifvögel und für eine Revierbetreuung zu gewinnen und auszubilden. Seitdem sind Patinnen und Paten gemeinsam mit dem Projektteam in allen Revieren im Projektgebiet und auch darüber hinaus präsent und behalten ihre Schützlinge im Blick. Nur so ist es möglich, Auffälligkeiten im Brutverlauf festzustellen und neben geschwächten auch verstorbene Rotmilane im näheren Nestumfeld rechtzeitig zu entdecken und die Todesursache zu ermitteln.
Ein weiterer geplanter Projektbaustein, durch den Todesfälle lokalisierbar und Todesumstände und -ursachen nachvollziehbarer werden, ist die Besenderung von Alt- und Jungvögeln. Mit den durch die Sender aufgezeichneten Daten lassen sich neben den Flugrouten und Schlafplätzen auch die Orte lokalisieren, an denen die Rotmilane sich zur Nahrungsaufnahme aufgehalten haben. In dieser Saison sind in einem Pilotprojekt der Universität Kiel schon einige Rotmilane mit Sendern ausgestattet worden und werden Flügelschlag für Flügelschlag von Student*innen, Projektteam und Pat*innen verfolgt.
Weitere Informationen: https://www.projekt-rotmilan-sh.de/
Verantwortlich für diesen Pressetext:
Martin Schmidt und Janine Wergin, Landesamt für Umwelt (LfU), Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek; Tel. 0 43 47 / 704-243 und -198; E-Mail: martin.schmidt@lfu.landsh.de; janine.wergin@lfu.landsh.de; Internet: www.schleswig-holstein.de/lfu
