Pat*innen berichten über die Brutzeit

Die Patinnen und Paten unseres Projektes stecken Jahr für Jahr viel Zeit in die Beobachtung ihrer Schützlinge und die Untersuchung des weiteren Revieres nach Unregelmäßigkeiten oder Spuren von Greifvogelverfolgung. Einige von ihnen haben das Glück, dass die Rotmilane in 'ihrem' Revier das Nest mit guter Optik einsehbar von außerhalb des Waldes gebaut haben. Diese haben ihre Beobachtungen mit schönen Bildern und Videos zusammengefasst. Wilfried Loeck ist seit Beginn des Projektes im Bereich Schillsdorf als Pate aktiv und auch Ursula und Willfried Berger sind von Anfang an im Bereich Bornhöved dabei.

Wir machen regelmäßig in unseren Schulungen und bei den Exkursionen darauf aufmerksam, dass Rotmilane sehr empfindlich gegenüber Störungen am Brutplatz reagieren. Die dargestellten Beobachtungen waren nur wegen der gut einsehbaren Neststandorte und der Ausstattung mit hochwertiger Optik möglich und sollen die Erfahrungen und das Engagement der Pat*innen darstellen. Sie sind nicht ohne die entsprechende Schulung und Einweisung zur Nachahmung empfohlen.

'Gefährdungskurve' aus der Schulung der Pat*innen. Hans Wirth

Ursula und Willfried Berger berichten von einer erfolgreichen Brut mit einigen Überraschungen im von ihnen betreuten Bereich bei Bornhöved: “Zu Beginn der Brutzeit legte das Rotmilanpärchen an seinem Vorjahreshorst neues Nistmaterial in deutlicher Höhe auf. Dann kam die Phase, in der wir keine Aktivitäten mehr am Horst erkennen konnten. Von unserem weit vom Brutbaum entfernten Beobachtungspunkt konnten wir keinen brütenden Altvogel oder Anflüge an den Horst sehen. Wir hatten große Sorge, dass wegen eines geplanten Windparks in unmittelbarer Nähe zum Horststandort eine anthropogene Vergrämung stattgefunden haben könnte und untersuchten deswegen den Horstbereich nach Spuren. Ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt: unter dem Horstbaum waren in dieser empfindlichen Phase der Brut deutliche Pferdehufabdrücke zu erkennen und das immer neu, über viele Tage. Einen adulten Rotmilan konnten wir aber weiterhin regelmäßig am Himmel, über dem Horstareal fliegend, beobachten. Wir haben daraufhin erneut gesucht und einen alten, im Abgang befindlichen Horst ca. 50 Meter weiter gefunden. Anfangs hatten wir große Zweifel, ob der Rotmilan dort eingezogen sein könnte. Der Horst sah derartig plünnig aus, dass wir anfangs angenommen haben, den wird kein Greifvogel aufgrund seiner schlechten Bausubtanz nutzen. Bedingt durch den Eintrag von Folie, - aber nicht ein Zweig als neues Nistmaterial – sowie einer Mauserfeder und Schmelz unmittelbar unter dem Horst, sind wir dran geblieben. Ein brütendes Weibchen haben wir aber nie in dem Horst gesehen.

Während der fortschreitenden Saison und bei einer weiteren Kontrolle schaute eines Tages ein Rotmilan-Nestling über den Horstrand. So ging es eine Zeit lang weiter. Wir waren froh, dass sich dort auch nur ein Nestling im Horst befand, bei weiteren Nestlingen befürchteten wir einen unweigerlichen Absturz des Horstes. Bei einem weiteren Kontrolltermin, dann eine große Überraschung: der zweite Nestling. Nun machten wir uns noch größere Sorgen, ob der Horst das aushalten würde (vor allem Ulla)! Es folgten weitere Kontrollen und die zwei Nestlinge entwickelten sich sehr gut und der Horst stützte nicht ab. Dann kam die „Superüberraschung“: Bei einer weiteren Kontrolle waren es dann drei Nestlinge bzw. Ästlinge. Der Horst musste sehr tief sein, was von unserem Beobachtungspunkt nicht zu erkennen war - trotz längerer und häufiger Beobachtungszeiten, war ein dritter Nestling nie zu sehen gewesen. Wir hatten dann weiter das Glück, dass wir bei einer Kontrolle optimale Lichtverhältnisse vorfanden und ein Video von 10 Min. drehen konnten:

Das Video wurde nicht gekürzt, weil es viele Aspekte der Verhaltensweise der Nestlinge bzw. Ästlinge und deren Aussehen in dieser Phase zeigt. Das Video zeigt zu Beginn einen Beute fressenden jungen Rotmilan. Die zwei Geschwister schauen zu, bzw. ein junger Rotmilan ist mit der Gefiederpflege beschäftigt. Kein Futterneid, kein Gerangel um Futter. Nachdem der fressende Rotmilan fertig ist, werden die Muskeln der Schwingen trainiert. Zum Schluss sitzen alle drei Rotmilan satt und zufrieden wirkend auf dem Horst bzw. Ästen. Für uns ist bemerkenswert, dass keiner der jungen Rotmilane noch einen “Krümel“ sucht, weil er evtl. Hunger hat. Die Gefiederfärbung eines jungen Rotmilans ist ebenfalls sehr gut zu erkennen, sowie sein heller Kopf, dunkle Augen und dunkle Schnabelspitze. Alle drei Rotmilane sind zumindest augenscheinlich gleich groß.

Positiv fällt auf, dass alle drei Jungen gut genährt scheinen und nie nach ‘Futter’ gerufen haben, sie wirkten immer satt und machten einen zufriedenen Eindruck. Ein Zeichen, dass die Altvögel in dieser Saison in ihrem Nahrungshabitat ausreichend Beute finden konnten.

Am 26. Juli war der Horst dann doch komplett abgestürzt. Wir führen dass auf die Trainingsübungen der Muskeln der Schwingen und den jugendlichen Spielereien der jungen Rotmilane zurück. Die Familie ist Mitte August nach wie vor komplett.

Wilfried Loeck hatte ebenfalls das Glück, dass die von ihm betreuten Rotmilane ein gut einsehbares Nest am Waldrand nutzten, was er von seinem Beobachtungspunkt gut einsehen konnte: “Seit 5 Jahren bin ich als Nestpate im Rahmen des Rotmilanprojekt Schleswig Holstein im Bereich Schillsdorf tätig. In diesem Jahr hat mir mein Einsatz als Nestpate nicht nur schöne, sondern leider auch traurige Erlebnisse beschert.

Die hier gezeigten Aufnahmen sind mittels Einsatz eines Spektives in Verbindung mit einem Smartphone (Digiskopie) entstanden. Dadurch war es möglich die Vögel unter Wahrung eines größtmöglichen Abstandes zu dokumentieren und dennoch nicht zu stören.

Mitte März konnte ich erstmalig die Paarung der Altvögel beobachten. Das Paar hat anschließend regelmäßig den Horst besucht und Baumaterial eingetragen. Bereits Anfang Mai habe ich die ersten Fütterungen beobachten können und habe dann Mitte Mai vorerst ein Milanküken entdeckt. Bei späteren Nestkontrollen stellte sich heraus, dass sich drei Küken im Nest befanden. Die Altvögel haben fleißig Futter zum Horst gebracht, sodass die Küken schnell größer wurden und sie mehr und mehr braune Federn bekamen. Anfang Juni wurden die Jungvögel von Mitgliedern des Projektteams beringt. Allerdings wurde hier festgestellt, dass ein Jungvogel im Vergleich zu den Geschwistervögeln noch relativ klein war (siehe Jungvogel in der Mitte). Doch glücklicherweise haben die Elterntiere viel Futter zum Horst gebracht und es geschafft, dass sich alle drei Jungvögel, auch der Nachzügler, gut entwickeln konnten.

Das Projektteam hat Mitte Juni die Nestpaten darauf hingewiesen, dass mit zunehmendem Alter und Größe der Jungvögel wieder die Jahreszeit beginnt, in der die Jungvögel Gefahr laufen, beim Gerangel um Futter oder bei Flugübungen aus den oft relativ kleinen Nestern zu fallen. Und da Rotmilane ihren Nachwuchs nicht am Boden versorgen und dort eine erhöhte Prädationsgefahr durch Raubsäuger vorliegt, sind engmaschige Brut-Kontrollen sinnvoll.

Noch drei Jungvögel im Nest bei Schillsdorf.

Aufgrund dieser Gefahr habe ich täglich den Horst kontrolliert. Am 22. Juni habe ich bei einer Nestkontrolle festgestellt, dass sich nur zwei Jungvögel im Nest befanden. Bei einer Nachsuche um den Horstbaum herum, habe ich leider einen bereits von Prädatoren angefressenen Rotmilanjungvogel gefunden. Anhand der Ringnummer konnte das Projektteam den toten Vogel als den ehemals kleinen Nachzügler identifizieren. Die Experten des Projektteams gingen aufgrund der Auffindesituation sowie von weiteren Spuren direkt unter dem Horst davon aus, dass der Jungvogel vermutlich von einem Habicht angegriffen wurde und aus dem Nest gefallen war. Der Vogel wurde dann in einen geschütztem Bereich geschleppt und dort angefressen.

In den darauf folgenden Tagen konnte ich bei den Horstkontrollen zuerst nur noch einen Jungvogel im Horst feststellen. Einen Tag später war der Horst leer. Nach längerer Suche am Boden sowie in den umliegenden Baumkronen habe ich dann die beiden verbliebenen Jungvögel, nunmehr als Ästlinge, ausfindig gemacht. Sie saßen mal zusammen, mal alleine auf ihren Ansitzen. Auch hier konnte ich beobachten wie sie von den Altvögeln mit Futter versorgt wurden. Anfang Juli habe ich bei einer Horstkontrolle leider abermals einen Totfund machen müssen. Wieder ist ein Jungvogel vermutlich von einem Habicht geschlagen worden. Der Jungvogel ist rund 50 m vom Horstbaum entfernt gerupft worden.

Der letzte Jungvogel ist ausgeflogen. Ihn konnte ich beobachten, wie er über einem angrenzenden Feld seine für Milane typischen Kreise zog.”

Weiter
Weiter

Erste Rotmilane in Schleswig-Holstein mit Sendern unterwegs